üoo
Zehnter Zeitraum.
Zeitpunkt, Napoleons Zwingherrschaft in Deutschland zu vernichten;
England wirkte möglichst mit. Ein Aufruf des Kaisers Franz zur
Bewaffnung an das Volk, die Errichtung einer Landwehr, die
Ausrüstung zahlreicher Heeresmaffen deuteten auf einen Kampf für
Seyn oder Nichtseyn. Vier Armeecorps eröffneten die Feindselig-
6 keilen auf eben so vielen Punkten zu gleicher Zeit. Das Haupt-
ch korps unter dem Erzherzoge Karl rückte in Baiern, ein anderes
unter dem General Eh a st eller in Tyrol, ein drittes unter dem Erz»
Herzoge I o h a n n in Italien, und ein viertes unter dem Erzherzoge Ferdi-
nand in Polen ein. Doch schon der Anfang dieses neuen Krieges
entsprach den gehegten Erwartungen nicht. Napoleon zog einen
Theil seiner Truppen aus Spanien, ließ sie auf Wagen weiter
bringen, eilte voraus nach Baiern, stellte sich an die Spitze der
Baiern und Würtemberger und behauptete in einer Reihe von
Gefechten seinen alten Feldherrnruhm, denn binnen fünf Tagen,
vom 19 — 23. April, überwältigte er den Erzherzog Karl in den
Treffen bei Thann, Abensberg, Landshut, Eckmühl
und in der Schlacht bei Regensburg. Der Erzherzog suchte
Böhmen zu gewinnen, Wien stand dem Sieger offen; am 10.
Mai zog er in selbigem ein. Sonder Weilen setzte Napoleon
über die Donau dem heranrückenden Erzherzoge Karl entgegen,
wurde von diesem in der Schlacht bei Aspern und Esling,
den 21. und 22. Mai, zwar geworfen, allein die bald folgende
Schlacht bei Wagram den 5 — 6. Juli, wo er Sieger blieb,
führte zuerst den Waffenstillestand zu Znaym und kurz darauf den
Wiener Frieden herbei, den 14. Oct. 1809. Nicht glücklicher
kämpfte der Erzherzog Johann in Italien gegen den Vicekönig
Eugen, der seinen Rückzug beunruhigte, welchen Johann nach
den unglücklichen Ereignissen in Deutschland nach Ungarn nahm.
Der Fürst Poniatowski verdrängte die Oestreicher aus Polen; die
Tyroler erhoben sich unter ihren wackern Landsleuten: Andreas
Hofer, Straub und Spe ckb acher, und vertheidigten ihre
Berge mit alter Tapferkeit, gingen aber gleichfalls in dem allge-
meinen Mißgeschick unter. Der preußische Major Schill, der
hessische Oberst D ö rnb er g, der Herzog Friedrich Wilhelm
von Braunschweig traten als Parteigänger auf, hoffend Deutsch-
land würde aufstehen und der Tugendbund, ein Verein patrio-
tischer Männer, genugsam erstarkt seyn, um das schmachvolle Joch
der Fremden zu zerbrechen; allein die rechte Zeit war noch nicht
gekommen; ersterer siel zu Stralsund, den 31. Mai 1809, im
Gefecht gegen eine holländisch-dänische Truppenabtheilung, letztere
rettete sich mit Mühe nach England.
Die Bedingungen des Wienerfriebens waren hart;
Oestreich verlor 2000 Quadratmeilen mit mehr als 3 Millionen
Bevölkerung. Es verzichtete auf Salzburg, Berchtoldsga-
den, das Inn» und H ausru ckvier tel, welche an^Baeiru,
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Extrahierte Personennamen: Napoleons Franz Franz Karl Karl Napoleon Karl Karl Thann Napoleon Karl Karl Johann Johann Eugen Johann Andreas
Hofer Straub Major_Schill Friedrich_Wilhelm
von_Braunschweig Friedrich Wilhelm Oestreich
Extrahierte Ortsnamen: Napoleons Deutschland England Baiern Tyrol Italien Polen Spanien Baiern Baiern Abensberg Landshut Regensburg Wien Donau Aspern Italien Deutschland Ungarn Polen England Salzburg
— 90 —
nach so vielen glänzenden Siegen zum erstenmal die Volkskraft kennen lernte, selbst in Spanien, nahn: Madrid ein und eroberte fast das ganze Land.
_ Während dieser Zeit hatte Österreich aufs neue gegen ihn gerüstet. Der Kaiser Franz rief das ganze Volk unter die Waffen, und Erzherzog Karl übernahm die Führung. Napoleon verließ Spanien, wo nun die Franzosen von den Engländern unter Wellington vollständig besiegt wurden. Gegen Österreich entbot Napoleon die Truppen des Rheinbundes. Mit diesen schlug er die österreichischen Heere siegreich zurück, besonders in der Schlacht bei Eckmühl am 22. April 1809. Triumphierend zog er in Wien ein und nahm seine Residenz Zu Schönbrunn. Da führte Erzherzog Karl ein Heer ans Böhmen zum Entsätze Wiens heran. Auf dem Marchfelde bei den Dörfern Aspern und Eßlingen kam es am 21. und 22. Mai zu einer furchtbaren zweitägigen Schlacht. Mauerfest widerstand die österreichische Jnsant erie dem Andrang der französischen Reitermaffen. Napoleon erlitt zum erstenmal eine blutige Niederlage; mit Mühe rettete er sich auf die Donauinsel Sobau. Der Marschall Sannes war gefallen, viele Generale verwundet. Leider wurde dieser Sieg nicht benutzt. Die vom Erzherzog Karl erwarteten Verstärkungen blieben aus; Napoleon gewann Zeit sich zu erholen und schlug die Österreicher am 5. und 6. Juli bei Wagram... Im Frieden von Schönbrunn am 14. Oktober 1809 verlor Österreich Westgalizien an das Großherzogtum Warschau, das Inn-Viertel an Bayern, die illyrischen Provinzen an Frankreich.
Tirol war an Bayern gekommen und sollte seine alte Landesverfassung verlieren. Aber mit treuer Siebe hing das Volk am angestammten österreichischen Fürstenhause und erhob sich gegen die Fremdherrs chast. Die Häupter des Aufstandes waren der Sandwirt Andreas Hofer von Pasfeyer, ein frommer Mann, fräs tig von Gliedern und stattlich von Ansehen mit seinem langen, schwarzen Barte; Joseph Speckbacher, ein verwegener Schütze, und der Krämer Martin Teimer. Napoleon schickte den Marschall Sefebte mit zahlreichen Truppen nach Tirol, und es entspann sich ein furchtbarer Kampf. Dem Speckbacher folgte fein Sohn Anbreas, „der Anberl" genannt, ins Gefecht; ba er selbst noch nicht mitfechten bürste, sammelte er die feinblichen Kugeln in feinem Hütlein und brachte sie dem Vater. Die Feinde erlitten große Verluste von den nie fehtenben Stutzen der kühnen Bergfchützen. Doch thalf alles nichts, der Kaiser Franz mußte im Frieden sein treues Volk selbst aufforbern, sich den Feinden zu ergeben.
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Extrahierte Personennamen: Franz Franz Karl Karl Napoleon Napoleon Karl Karl Napoleon Marschall_Sannes Karl Karl Napoleon Andreas_Hofer_von_Pasfeyer Joseph_Speckbacher Martin_Teimer Napoleon Franz Franz
Extrahierte Ortsnamen: Spanien Madrid Spanien Wellington Wien Wiens Aspern Schönbrunn Warschau Inn-Viertel Frankreich
74
Königreich Preußen.
auf dem festen Lande und auf den westlichen Inseln; erstere auf
den östlichen Inseln. In einigen Gegenden (Sandwichinseln) ha-
den sie fast Europäische Hautfarbe. Sie sind alle, besonders die
negerartigen, sehr roh, aber von ausgezeichneter Kunstfertigkeit und
leben-von Fischerei und Ackerbau. Viele zeigen eine liebenswürdige
Sanftmuth des.cbaracters (Freundschafts- und Pelew- (pelju) In-
seln), andere (Neuseeland und Neuholland) thierische Wildheit.
Blutige Kriege, Kindermord, Menschenfresserei. Die Engländer
sind bemüht das Christenthum auszubreiten, was hin und wieder
z. B. auf den Sandwich Inseln sehr gelungen ist, da vorhin hier,
so wie noch jetzt auf den übrigen Inseln, der elendeste Fetischdienst
herrschte. Bei den Neuholländern findet sich kaum eine Spur von
Religion. Auf den Marianen leben Spanier, da einige dieser
Inseln schon langst unter Spanischer Herrschaft stehen. Auf einigen
Inseln herrschen eigene Könige, die vom Volke sehr verehrt werden;
die Einwohner anderer Inseln und des festen Landes leben ganz
unabhängig in einzelnen Stämmen und Familien. Auf verschiede-
nen Punkten der Küste von Neuholland besonders in So., Neu-
südwales (wehls) genannt, auf Van Diemens Land und einigen
andern Inseln haben die Engländer Niederlassungen errichtet und
schon einige Städte erbauet. Nur die Küsten von Neuholland sind
bekannt; weit ins Innere ist noch kein Europäer gekommen.
Bemerkungen: Korallenfelsen; Mangel an Säugethieren
auf den Inseln; Kleidung vom Baste des Papiermaulbeerbaums;
Tättowiren; Menschenopfer; Tabu; Verbrecher Cotonieri; Bildung
auf den Sandwich Inseln.
Anhang.
Die Norddeutschen Staaten.
Das Königreich Preußen.
Der ganze Staat besteht aus zwei großen ganz getrennten
Theilen: a) dem östlichen in S. der Ostsee zwiscben Rußland,
Polen, Galizien, Mähren, Böhmen, Könige. Sachsen, Großher-
zvgthum und Herzogthümern Sachsen, Reuß, Kurhessen, Hanno-
ver, Braunschweig und beiden Meklenburg, welcher aber auch die
Herzogthümer Anhalt fast ganz und die Hälfte der Fürstenthümer
Schwarzburg nebst einigen kleinen Sächsischen und Meklenburg. Ge-
bieten in sich schließt; b) dem westlichen, welcher von Hannover,
Schaumburg, Lippe, Braunschweig, Kurhesscn, Waldeck. Nassau,
Hessen Darmstadt und Homdurg, Sachsen Koburg, Rheinbaiern,
Frankreich, Belgien und Holland eingeschlossen wird. Einige kleine
TM Hauptwörter (50): [T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land], T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
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Das rhein. Schiefergebirge und die niederrhein. Tiefebene.
227
besondere Mundarten können namentlich die luxemburgisch -
lüttichsche, die trierische und die kölnische Mundart
unterschieden werden.
Von der ostfränkischen und hessischen Mundart unterscheidet sich die
rheinische hauptsächlich dadurch, dass im Auslaute die Wörter das, es, was ein
t erklingt, also dat, et. wat gesprochen wird, und dass das b im Inn- und Aus-
laute als V oder f gesprochen wird, z. B. in der kölnischen Mundart Wif —Vteih,
Wiver = Weiber.
Die Rheinländer sind durchgängig ein schöner Volks-
stamm von meist hohem, schlankem Wüchse und frischer Gesichts-
farbe. Neben dem vorherrschenden blonden Typus- kommt auch
der brünette mehr als in andern Gebieten Deutschlands vor; dieser
dürfte römischem Einflüsse zuzuschreiben sein. Ein heiterer Lebens-
sinn zeichnet die Rheinländer aus. Das fröhliche Volksleben, das sich
an den rebenbekränzten Ufern des Rheinstromes abspielt, findet seinen
stärksten Ausdruck in dem Kölner Garn e val. Die Bewohner
d er Gebirgsgegenden, des Hunsrück, der E i fei, des We st er-
w aid es, denen der magere Gebirgsboden seine Gaben nicht so
freigiebig als das sonnige Rheinthal spendet, besitzen dagegen wenig
von dem frohen rheinischen Volksgeiste. Desgleichen bekunden die
Bewohner der Industriegegenden, z.b. die Kailfleute des
Wupperthaies, die sich ihre Lebensstellung im harten Kampfe
des geschäftlichen Lebens erringen mussten, ein ernsteres Wesen.
3. Die Betrachtung der staatlichen Verhält-
nisse in der Landschaft.
a. Die staatliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Gebiete.
Die Landschaft gehört zum grössten Teile zum Staate Pre usen,
und zwar haben drei preussische Provinzen an ihr Anteil, nämlich
die Rheinprovinz, Hessen-Nassau (s. folg. Landsch.) und
Westfalen (s. folg. Landsch.). Von diesen liegt nur die erstge-
nannte ganz in ihrem Rahmen, während die beiden andern bloss
mit einem kleinen Gebiete in sie hineingreifen. Im Besitze eines
andern Staates ist nur das an der Nahe gelegene Ländchen
Birkenfeld, welches zu Oldenburg gehört (s. das Tiefland
der untern Weser).
Die Rheinprovinz grenzt im Norden an Holland, im
Osten an Westfalen und Hessen-Nassau, im Süden an
Hessen, die Rheinpfalz und Lothringen, im Westen
an Luxemburg, Belgien und Holland. Die Grösse der
Provinz beträgt 26 992 qkm. Ihre Einwohnerzahl beziffert
sich auf 4 910 391 E. (174,5 E. auf 1 qkm), wovon etwa 3 J/3 Mill.
E. dem katholischen und etwa 11k Mill. E. dem evangeli-
schen Glaubensbekenntnisse angehören.
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Extrahierte Personennamen: Birkenfeld
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Rheinstromes Hessen-Nassau Westfalen Oldenburg Holland Westfalen Hessen-Nassau Hessen Rheinpfalz Lothringen Luxemburg Belgien Holland
201
he-ung verdiente. Die Einheit des Reiches aber losete sich leider
immer mehr auf.
Unter dem ersten Könige Friedrich I. (1701 — 1713) er-
hielt der preußische Staat durch glückliche Umstande bedeutenden
Zuwachs. Ihm sielen durch Erbrecht die Grafschaften Meurs
und Lingen zu; die Grafschaft Tecklenburg in Westfalen wurde
für 300,000 Thaler angekauft. Nach dem Tode des spanischen
Königes, Karl Ii., nahm Friedrich als Herzog von Cleve, ver-
möge alter Ansprüche, Geldern in Besitz; auch wurde ec, nach
dem Erlöschen des regierenden Hauses Longueville, zum Fürsten
von Neufchatel und Valengin in der Schweiz freiwillig vom
Volke erwählt. Friedrich !, regierte bis 1713 und hinterließ den
Thron seinem Sohne
Friedrich Wilhelm I. (1713 — 1740). Dieser war
ein abgesagter Feind aller Pracht und Verschwendung und gab
selbst vom Throne aus das Beispiel der größten Sparsamkeit
und Enthaltsamkeit. Von den hundert Kammerherren, die sein
Vater brauchte, reichten für ihn schon zwölf hin. An seiner
Tafel wie in seiner Kleidung herrschte eine solche Einfachheit, daß
seine Hofleute sich nicht selten über die Kargheit ihres Königes
lustig machten. Ec verwendete aber die ersparten Summen zu
besseren Zwecken und beschämte so jede Verlaumdung. Im Jahre
1714 siel ihm die Grafschaft Limburg zu, auf welche der Kaiser
seinem Vater die Anwartschaft gegeben hatte. Nach dem Kriege
mit Schweden erhielt er im Frieden von Stockholm (21. Jan.
1720) den größten Theil von Vorpommern, für welchen er an
Schweden nur zwei Millionen Thaler bezahlte.
' Für die Wissenschaften hatte dieser König keinen Sinn, ja
er verachtete sie, so wie alle die, welche sich ihnen widmeten.
Einst ließ er, um diese lächerlich zu machen, seinen Hofnarren
zum Präsidenten der Berliner Gesellschaft der Wissenschaften er-
nennen. Dagegen war er mit ganzer Seele für das Soldatcn-
wesen eingenommen. Er kannte keine angenehmere Beschäftigung,
als täglich den Übungen seiner Soldaten beizuwohnen. Auch der
geringste Fehler entging dabei seinem Scharfblicke nicht und nizte
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_I. Karl_Ii Karl Friedrich_als_Herzog_von_Cleve Friedrich Neufchatel Friedrich_! Friedrich Friedrich Wilhelm_I.
Extrahierte Ortsnamen: Lingen Westfalen Schweden Stockholm Schweden
Mitteleuropa. Könige. Sardinien. 93
der Produkts des Landes von Bedeutung, aber mehr
in den Händen der Ausländer. Zn den schönen Kün>
sten hat Italien sich von jeher ausgezeichnet und Mei-
ster darin hervorgebracht. Auch die Wissenschaften wer-
den mit Erfolg betrieben, wiewohl im Ganzen hierin
die Italiener mehrere andere Europäische Völker nicht
erreichen.
Italien steht nicht unter einem einzigen Fürsten,
und bildet also nicht Einen Staat, sondern besteht aus
3 Königreichen, einem geistlichen Staate, einem Groß-
herzogthum, 3 Herzogthümern und einer kleinen Re-
publik. Auch gehören einige Theile des Landes zu andern
nicht Ztalienischen Staaten. Die einzelnen Theile sind:
1. Das Königreich Sardinien.
Es gehören dazu die Insel Sardinien, und vom
Festlande der westlichste Theil des nördlichen Italien.
Die Gränzen dieses letzkern sind gegen Westen Frank-
reich, gegen Norden die Schweiz, gegen Osten das
Lombardisch-Venezianische Königreich und das Herzog-
thum Parma, und gegen Süden das Mittelländische
Meer, welches hier den Meerbusen von Genua
macht. Die Größe beträgt über 1300 Qmeilen, wor,
auf 44 Millionen Menschen leben. Der Boden ist
theils gebirgig, theils eben. Von Gebirgen gehören
die Lepontischen, Penninischen, grauen, Cot-
tischen und die See- Alpen und die Apenninen
hieher. Der höchste Berg der Alpen, der Montblanc,
erhebt sich im Umfange desselben, und zwar südlich vom
Genfersee und in der Nähe der Schweizerischen Gränze.
Der Po nimmt hier seinen Ursprung, und ist der
Hauptfluß. Von dem Genfersee gehört der süd-
liche und vom. Lago maggioro der westliche Theil
hieher. Aus diesem letzten See fließt der Ticino (spr.
Tikschino) und geht in den Po. Sardinien hat einen
eigenen König, jetzt Karl Emanuel V. (Albert).
Turin, die Hauptstadt des ganzen Staates und Residenz
des Königs, östlich von den Cottischen und nördlich von den Meer-
alpen, südöstlich von Genf, am linken Ufer des Po, in einer
schönen Ebene, eine der schönsten und regelmäßigsten Städte, hat
ein großes königliches Schloß, eine Universität und 120,000 E n-
wohner. — Alessandria, große Stadt südöstlich von Turin,
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Extrahierte Personennamen: Karl_Emanuel_V._(Albert) Karl
116 Siebente Periode. Von 1789 bis zur Gegenwart. — Erster Abschnitt. Von 1789—1815.
die an Rußland kamen, wurde jedoch vergröfsert durch das Grofs-
herzogtum Posen und Danzig, durch Vorpommern mit Rügen, das
es von Dänemark gegen Lauenburg erhielt, durch die Hälfte des
Königreichs Sachsen, durch die alten Besitzungen in Westfalen
und am Rhein, die indes erheblich vergröfsert wurden: eine ge-
ringe Entschädigung für die gewaltigen Opfer, die es gebracht
hatte. Aus der Zerreifsung seines Gebiets in zwei ungleiche Teile
und aus seiner Übernahme der Wacht am Rhein und an der
Memel ergaben sich die nächsten Aufgaben seiner Politik.
Rußland erhielt den gröfsten Teil des Herzogtums Warschau
als Königreich Polen; Krakau wurde Republik (1846 österreichisch).
In Spanien, Portugal, Neapel (nach Murats Erschiefsung),
im Kirchenstaat, in Modena, Toscana, Sardinien wurden
die alten Dynastien wiederhergestellt. Aus Holland und Belgien
wurde ein Königreich der Niederlande unter dem Hause Oranien
geschaffen.
b) Die Verhältnisse Deutschlands. Die Eifersucht der Mächte,
die Selbstsucht Österreichs, der Sondergeist der Mittel- und Klein-
staaten bewirkten es, dafs aus dem heldenmütigen Befreiungs-
kämpfe, der bald zum Interessenkampfe herabgesunken war, unserm
Volke nicht die Früchte erwuchsen, die seinen Opfern entsprachen.
Die Deutsche Bundesakte vom 8. Juni 1815 schuf einen
Staatenbund von 39 (die übrigen wurden mediatisiert) souve-
ränen Staaten, darunter England für Hannover, Dänemark für
Holstein, die Niederlande für Luxemburg, Österreich und Preußen
nur für die früher zum Reiche gehörigen Gebiete; der „hohe Bundes-
tag“ zu Frankfurt sollte unter dem Vorsitz Österreichs die Ge-
schäfte führen. Im Art. 13 der Bundesakte hiefs es: „In allen
Bundesstaaten wird eine landständische Verfassung stattfinden“.
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Extrahierte Ortsnamen: Posen Danzig Lauenburg Sachsen Westfalen Rhein Rhein Warschau Polen Krakau Spanien Portugal Neapel Murats Modena Sardinien Holland Belgien Niederlande Deutschlands England Hannover Holstein Luxemburg Frankfurt
323
Bayern unter Karl Theodor.
Besitz von Kurpfalzbayern nicht nur der Zweibrücker Linie
dieses Hauses, sondern auch der Birkenfeld - Gelnhauser
Seitenlinie zu. Rußland, Frankreich und das deutsche
Reich übernahmen die Gewährleistung dieses Friedens. Durch
ihn ward ein Krieg beendigt, den der Soldatenwitz den „Kar-
toffelkrieg" nannte, weil mehrmals Gefechte um den Besitz eines
Kartoffelfeldes vorfielen; allein auch der „Kartoffelkrieg" oder,
wie er noch genannt wurde, „der bayerische Rummel" war Ver-
anlassung, daß ein deutscher Fürst, Friedrich Ii, in einer rein
deutschen Frage an ausländische Mächte appellirte.
Der nicht unbedeutende Vortheil, welchen das österreichische
Haus aus dem Frieden zu Tescheu zog, ließ dem alten ehr-
geizigen Friedrich Ii um so weniger Ruhe, als die Freund-
schaft der russischen Kaiserin für Preußen immer lauer wurde.
Da that er 1781 den unverzeihlichen Schritt, der russischen Kai-
serin in eigener Person den Antrag zu stellen, beim deutschen
Reichstage eine stehende russische Gesandtschaft 511 errichten. Die
Dinge gestalteten sich indessen wider seinen Willen so, daß Jo-
seph Ii, dem dieser Streich zugedacht war, Vortheil davon zog,
weil Katharina, von dem ekelhaften Treiben Friedrichs ab-
gestoßen, sich immer mehr der österreichischen Freundschaft znneigte.
Dieser Freundschaft versichert und mit Frankreich verbündet, nahm
Joseph Ii seinen durch den T eschen er Frieden gescheiterten
Plan der Erwerbung Bayerns, dieses ihm so wohlgelegenen Lan-
des, wieder auf und betrieb ihn mit allem Eifer, den Ehrgeiz
und Staatsinteresse einem für beide glühenden Fürsten geben
können. Eine erwünschte Aussicht für das Gelingen des Planes
lag in der Fortdauer der Freundschaft zwischen dem Kaiser und
dem Kurfürsten Karl Theodor, der den Teschener Frieden mit
unverhaltenem Unmuthe unterzeichnet hatte, weil er durch ihn
seine früheren Verträge mit dem Kaiser zu seinem großen Ver-
drusse zerrissen sah. Mit Freuden ging er deshalb aus die Un-
terhandlungen ein, die mit ihm aufs neue wegen des Länder-
tausches angeknüpft wurden, und nahm den im Januar 1785
ihm gemachten Antrag, ganz Bayern, die Oberpfalz, die
Fürstenthümer Neuburg und Sulzbach, und die Landgraf-
schaft Leuchtenberg dem Hause Oesterreich zu überlassen und
21 *
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Extrahierte Personennamen: Karl_Theodor Karl Friedrich_Ii Friedrich Friedrich_Ii Friedrich Katharina Friedrichs Joseph_Ii Karl_Theodor Karl Leuchtenberg
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Friedrichs Frankreich Bayerns Sulzbach Oesterreich
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
139
die Fortdauer des Zollvereins gearbeitet. Oesterreich verlangte auch hier die Aufnahme mit allen seinen Ländern. Noch nie war bislang die Wut gegen Bismarck so groß gewesen wie jetzt. Man sah ja, daß er alle guten und vernünftigen patriotischen Bestrebungen vereitele. Und doch ergaben schon die nächsten Monate, daß alle diese österreichischen Vorschläge unausführbar seien. Das konstitutionelle Leben Oesterreichs scheiterte daran, daß die Ansprüche der verschiedenartigsten Nationen miteinander schlechterdings unverträglich waren, und die Einigung mit Deutschland mußte deshalb mißglücken, weil für den größten deutschen Staat eine billige Einordnung nicht zu finden war.
Und nun vergegenwärtige man sich die Ueberraschung, als man plötzlich, unmittelbar nach dem verunglückten Versuche, den berühmten und volkstümlichen österreichischen Minister Schmerling ganz im Fahrwasser Bismarcks dahinschwimmen sah. Eine unglaubliche Vereinigung! Sie kam durch
die schleswig-holsteinsche Frage.
Dänemark hatte sich 1852 im Londoner Protokoll dazu verpflichtet, das alte Recht der Schleswig-Holsteiner zu achten und sie „up ewig ungedeelt“ zu lassen. Trotzdem hatte es 1854 die Gesamtstaats Verfassung eingeführt, wonach Schleswig bis zur Eider mit dem übrigen Dänemark zu einem Gesamtstaat verbunden und tunlichst danisiert werden sollte. Hiergegen war, da dies auch eine Schädigung Holsteins war, von seinen Ständen beim Bunde Beschwerde erhoben und wirklich hatte dieser am 1. Oktober 1863 die Exekution angedroht, wenn die deutschen Forderungen nicht berücksichtigt würden.
Die Dänen, vertrauend auf englischen Beistand, der schon so vielen in Aussicht gestellt und im entscheidenden Augenblick doch ausgeblieben, auch vertrauend auf die starke „uneinnehmbare“ Stellung am Dannevirke, vertrauend aber auch auf die bislang stets gezeigte Langmut und Unschlüssigkeit Deutschlands, hatten bislang allen Forderungen widerstanden. Da starb der König Friedrich Vii. (15. November 1863), und nun kam zu den alten Forderungen die Frage der Thronfolge hinzu. Die Schleswig-Holsteiner waren der Meinung, daß ihr rechtmäßiger Nachfolger der Herzog Friedrich von Augustenburg sei.
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Extrahierte Personennamen: Schmerling Dänemark Friedrich_Vii Friedrich Friedrich_von_Augustenburg Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Oesterreich Deutschland Bismarcks Deutschlands
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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zuziehen. Gegen die deutschen Großmächte sei doch keine Exekution bestimmt worden. Gleichzeitig wurden Truppenbewegungen an den Grenzen der beiden Mittelstaaten vorgenommen, die so deutlich sprachen, daß Sachsen sein Heer auf den Kriegsfuß brachte. Während dann die beiden Großmächte an den Bund die Aufforderung richteten — es war der letzte gemeinsame Antrag —, die Exekutionstruppen zurückzurufen, wurde den in Holstein gebliebenen Hannoveranern und Sachsen noch besonders durch Truppen Verschiebungen der Preußen das Fortgehen so nahegelegt, daß sie am 5. Dezember zum wirklichen Abzug sich entschlossen. Die Stimmung der Abziehenden und die Gedanken in den Mittelstaaten kann man sich selber sagen.
Bis jetzt hatte Oesterreich äußerlich die von Bismarck besorgte Politik mitgemacht. Es hatte wohl gedacht, hemmend auf Preußens Vorgehen einwirken zu können; es hatte aber auch wohl gehofft, irgend einen Gebietsvorteil aus dem Miterwerb der Herzogtümer herausschlagen zu können. Die Grafschaft Glatz oder doch wenigstens etwas von der „Wasserpolackei“ wären willkommen gewesen. Als König Wilhelm aber gar nichts abtreten wollte, da er seine Untertanen nicht verhandeln mochte, wendete sich Oesterreich wieder an seine alten Freunde, die Mittelstaaten. Allerdings konnte Schmerling nur verraten, daß die schleswig-holsteinsche Frage jetzt völlig verfahren sei.
Trotz dieser traurigen Lage gab das Zusammengehen Oesterreichs mit den Bundesstaaten dem Herzog von Augusten-burg so viel Selbstvertrauen, daß er die Versuche Preußens, eine Verständigung herbeizuführen, mit keinerlei Entgegenkommen beantwortete.
Die Forderungen Preußens vom 22. Februar, gewöhnlich Februarforderungen genannt, beanspruchten die diplomatische und militärische Führung, die Aufsicht über den Nordostseekanal, die Kieler Bucht bei Friedrichsort, das Post-, Eisenbahn-und Telegraphen wesen und den Eintritt Schleswig-Holsteins in den Zollverein. Das war also nicht viel mehr, als später alle deutschen Kleinstaaten für das Reich opfern mußten. Der Herzog von Augustenburg aber, der doch gar nichts zu vergeben und nur zu empfangen hatte, lehnte die „Zugeständnisse“ als „unannehmbar“ ab, weil — er vertraute, Sachsen und die
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Extrahierte Personennamen: Glatz Wilhelm Augustenburg